Alle LehrerInnen mögen Mikael*. Er ist Teil einer sogenannten Übungsklasse, die Woche für Woche freiwillig auf die Uni kommt, um sich von uns in Deutsch unterrichten zu lassen. Die Klasse besteht aus Erasmus-StudentInnen, aus MigrantInnen, Leuten, die in Österreich arbeiten, aber ihr Deutsch verbessern wollen usw.
Mikael ist nicht beliebt, weil er so brav mitlernt oder die Grammatik so toll beherrscht, sondern weil er einfach ein richtig sympathischer Kerl in den 30ern ist, der mit der nötigen Partie Humor sein Nichtwissen kompensiert. Wenn er lächelt, mit den Schultern zuckt und "Ich weiß niecht!" sagt, steckt er uns alle mit seiner guten Laune an. Er ist herzlich, freundlich und macht den Übungen immer bereitwillig mit. Ein Liebling eben.
Heute haben wir über Berufe und Ausbildungen gesprochen: Jeder sollte etwas über sich erzählen. Mikael ist Priester - das hätten wir nie erwartet.
Er war sechs Jahre in Argentinien - das hätten wir nie erwartet.
Jetzt arbeitet er in einem Krankenhaus und erzählt, dass es schwierig ist, viel mit dem Tod arbeiten zu müssen - das hat uns verblüfft.
Umgehauen hat mich aber meine Verwunderung über all diese neuen Informationen:
Mikael kommt aus Russland - das wusste ich.
Mikael sucht hier eine Arbeit - das hätte ich erwartet.
Mikael hat keine gute Ausbildung genossen - das hätte ich erwartet.
Mikael kann sich keine bessere Kleidung leisten - das habe ich mir gedacht.
Das alles dachte ich mir nicht, weil ich Mikael nicht mag (wie gesagt, er ist ein richtiger Schatz).
Ich dachte es mir, weil Mikael gebrochenes Deutsch spricht und aus Russland kommt.
Ich hab mich grad mächtig bei meinen eigenen Vorurteilen ertappt. Ouch.
* Name geändert
"IM FRÜHEREN LEBEN WAR ICH MAL VOGEL, DA BIN ICH GANZ SICHER" SAGTE DAS AUFMÜPFIGE SCHAF UND SETZTE ZUM FLUG INS FETTNÄPFCHEN AN...
Montag, 29. November 2010
Donnerstag, 18. November 2010
trotzdem hats mich immer erschreckt, wenn jemand ausgebrochen ist, ein bahnbeamter an der sperre, weil jemand keine bahnsteigkarte hatte, dieser hass, dieser fürchterliche hass, dass einem das blut, was hat so ein bahnbeamter zu hassen wegen einer bahnsteigkarte. was hat ein jordan zu hassen und vereiteln an einem menschen. ich glaube, das ist es! man vereitelt den anderen, man lähmt ihn, man zwingt ihm sein gehabe ab, dann seine gedanken, dann seine gefühle, dann bringt man ihn um den rest von instinkt, von selbsterhaltungstrieb, dann gibt man ihm einen tritt, wen er erledigt ist. kein vieh tut das, die wölfte töten den sich demütigenden gegner nicht, er kann ihn nicht töten, hast du das gewusst, er ist nicht fähig, ihm die kehle durchzubeissen, wenn man sie ihm hinhält. wie weise, wie schön.
ingeborg bachmann - der fall franza.
ingeborg bachmann - der fall franza.
Freitag, 5. November 2010
und ein kleines postscriptum
das heutige telefonat mit einer kundin:
"ABER WARUM IST DAS PAKET* soundso NOCH NICHT DA? DAS HÄTTEN SIE MIR SCHON IM OKTOBER SCHICKEN KÖNNEN!"
"sie haben ihr abonnement erst mit 1.11. abgeschlossen. wie hätten wir ihnen paket vorher schon schicken sollen?"
"ICH HABE ES IHNEN JA SCHON IM OKTOBER GESAGT!"
"das tut nichts zur sache, wesentlich ist das beginndatum des abonnements."
"JA ABER WARUM BRAUCHT DAS JETZT SO LANGE?"
"es wurde am 1. NOVEMBER eingegeben und es dauert 10-14 tage, bis es bei ihnen ist, frau xy!"
"also warte ICH JETZT NOCH ZEHN TAGE?????"
"es ist spätestens in zehn tagen bei ihnen."
"ABER ICH WILL DAS JETZT! sonst KÜNDIGE ich!"
"frau xy...."
"ICH WILL DAS JETZT. WARUM BRAUCHEN SIE SO LANGE?"
"frau xy, wir haben 886.000 leserInnen. und so MANCHE bestellen dieses paket...."
hallo, realitätsgesellschaft. es geht hier um MICH.
* ersetze "paket" durch gutscheinheft. ein unwichtiges, beschissenes gutscheinheft. hallo welt.
"ABER WARUM IST DAS PAKET* soundso NOCH NICHT DA? DAS HÄTTEN SIE MIR SCHON IM OKTOBER SCHICKEN KÖNNEN!"
"sie haben ihr abonnement erst mit 1.11. abgeschlossen. wie hätten wir ihnen paket vorher schon schicken sollen?"
"ICH HABE ES IHNEN JA SCHON IM OKTOBER GESAGT!"
"das tut nichts zur sache, wesentlich ist das beginndatum des abonnements."
"JA ABER WARUM BRAUCHT DAS JETZT SO LANGE?"
"es wurde am 1. NOVEMBER eingegeben und es dauert 10-14 tage, bis es bei ihnen ist, frau xy!"
"also warte ICH JETZT NOCH ZEHN TAGE?????"
"es ist spätestens in zehn tagen bei ihnen."
"ABER ICH WILL DAS JETZT! sonst KÜNDIGE ich!"
"frau xy...."
"ICH WILL DAS JETZT. WARUM BRAUCHEN SIE SO LANGE?"
"frau xy, wir haben 886.000 leserInnen. und so MANCHE bestellen dieses paket...."
"die anderen sind mir EGAL! es geht hier um MICH!"
hallo, realitätsgesellschaft. es geht hier um MICH.
* ersetze "paket" durch gutscheinheft. ein unwichtiges, beschissenes gutscheinheft. hallo welt.
brainfucked
Ich habe Angst, meine Kapazitäten nicht zur Genüge auszuschöpfen, dass ich meine Möglichkeiten nicht nütze, dass ich nicht genug aufs "wahre Leben" vorbeitet bin.
Eine gute Freundin schrieb mir, nachdem ich ihr mein Leid geplagt habe:
Ihre Worte waren für mich sehr beruhigend - genau diese Kommentare gebe ich häufig von mir und hinterfrage den Sinn hinter meinen Wünschen nur minimal. Ein Praktikum in einer angesehenen Firma? Um in eine noch angesehenere Firma zu kommen, die mich nicht glücklich macht? Oder doch lieber mein "ein bisschen von allem schnuppern und spüren"-Konzept, das mich so hervorragend macht? ;) Die Antwort liegt doch auf der Hand.
Anders war es, als ich einer anderen Freundin mein Problem schilderte. Sie reagierte mit vielen Fragen. Fragen, die ich mir selbst ja auch tausendfach stellte und die das Problem nicht strukturierten, sondern es noch mehr in fragwürdige kleine Puzzleteile stückelte.
Dass jedeR nur für sich selbst entscheiden kann, was wichtig ist, wie er/sie seine/ihre Prioritäten setzt, ist klar. Verstand lässt sich nicht mit noch mehr Verstand besiegen, wenn es darum geht, Fragen zu beantworten. Es stellen sich nur neue Fragen - das mag ja spannend sein, aber nicht gerade hilfreich in punkto Vorankommen.
Ständig ist der Vergleich mit "dem anderen" - die StudienkollegInnen, die schneller oder langsamer vorankommen, die, mit denen man im sich Moment Zentimeter um Zentimeter misst, ohne es selbst zu bemerken - die Angst "hinten nach" zu sein - das kostet mächtig Kraft.
Und ich hab davon im Moment nicht so viel übrig. Job Job Job, Uni Uni Uni, umfallen.
Während es den anderen anscheinend ganz anders geht...
Eine gute Freundin schrieb mir, nachdem ich ihr mein Leid geplagt habe:
"aber muss das denn sein? muss nicht jeder mensch seinen eigenen rhytmus finden und am besten das was er macht gut machen? oft höre ich kommentare wie: oh ins ausland muss ich aber noch und Oh mir fehlt aber in dem bereich noch ein praktikum. Da frage ich mich manchmal für wen man eigentlich lebt. für sich selbst oder für andere - oder gar für das system?"
Ihre Worte waren für mich sehr beruhigend - genau diese Kommentare gebe ich häufig von mir und hinterfrage den Sinn hinter meinen Wünschen nur minimal. Ein Praktikum in einer angesehenen Firma? Um in eine noch angesehenere Firma zu kommen, die mich nicht glücklich macht? Oder doch lieber mein "ein bisschen von allem schnuppern und spüren"-Konzept, das mich so hervorragend macht? ;) Die Antwort liegt doch auf der Hand.
Anders war es, als ich einer anderen Freundin mein Problem schilderte. Sie reagierte mit vielen Fragen. Fragen, die ich mir selbst ja auch tausendfach stellte und die das Problem nicht strukturierten, sondern es noch mehr in fragwürdige kleine Puzzleteile stückelte.
Dass jedeR nur für sich selbst entscheiden kann, was wichtig ist, wie er/sie seine/ihre Prioritäten setzt, ist klar. Verstand lässt sich nicht mit noch mehr Verstand besiegen, wenn es darum geht, Fragen zu beantworten. Es stellen sich nur neue Fragen - das mag ja spannend sein, aber nicht gerade hilfreich in punkto Vorankommen.
Ständig ist der Vergleich mit "dem anderen" - die StudienkollegInnen, die schneller oder langsamer vorankommen, die, mit denen man im sich Moment Zentimeter um Zentimeter misst, ohne es selbst zu bemerken - die Angst "hinten nach" zu sein - das kostet mächtig Kraft.
Und ich hab davon im Moment nicht so viel übrig. Job Job Job, Uni Uni Uni, umfallen.
Während es den anderen anscheinend ganz anders geht...
("und wieder gehts von vorne los, wieder gehts von vorne los." Jennifer Rostock)
Dienstag, 2. November 2010
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