Dienstag, 31. Juli 2012

Und jetzt?

Ich bin eine emotionale Läuferin. Ich habe eine recht gute Kondition dafür, dass ich in völlig unregelmäßigen Abständen laufen gehe. Man kann es an meinem Befinden messen: Ist was, dann laufe ich besser. Und mehr.

Bei der Trennung mit meiner Ex - beim streitenden, wütenden Teil der Trennung - bin ich bei Minusgraden mit Shorts und Shirt laufen gegangen, ich weiß noch genau, wie meine Lunge bei jedem Einatmen schmerzte und wie ich doch rannte, rannte, und rannte.

Ich laufe, um mich glücklich zu machen. Letztens hab ich mir die Beine aufgeschürft, war voller Gatsch - und einfach zufrieden. Fühlte mich einfach frei.  All das geben mir der Wald, die Musik im Ohr und meine Beine.


Ich laufe auch, wenn mein Hirn nicht mehr funktioniert. Ich wecke mich auf, meine Gedanken ordne ich, die Musik hält meinen Rhythmus, und ich komme jedes Mal entspannter zurück. Geordneter. Meine besten Schreib-Ideen sowie meine schönsten Songtexte geschrieben, Lösungen gefunden und meine intensivsten (klügsten?) Entscheidungen habe ich meist beim Sport getroffen.

Heute bin ich zweieinhalb Stunden durchgerannt. Immer, wenn ich die Möglichkeit hatte, heimzukehren, habe ich die nächsten Höhenmeter angesteuert (ich laufe Berg). Bin an einer Stelle rausgekommen, an der ich einen wunderschönen Ausblick hatte, stand in der Sonne, heulte ca. zehn Sekunden, und rannte weiter.  Ich rannte.

Puh, da kam einiges die letzten Tage. Einiges. Und nichts. Und es ist so weit: ich hab eine Situation so weit getrieben, dass nicht nur ich, sondern auch Peanut gegen den Kopf gegen die Tischplatte hauen möchte. Ich hätte, ich sollte, ich wäre...  Alle gedachten Sätze beginnen mit Konjunktiv. Und stehen unvollendet da. Da rollt was. Und ich fürchte mich, weil von Optimismus besser mal keine Spur. Jeder schöne Herzschlag trifft auf eine Realitätsohrfeige. Tutto crolla, ma nulla crolla.

Und heute, so ausgepowert bin ich lange nicht mehr gewesen, komme ich ohne Antworten an. Nur mit neuen Fragen.



Und jetzt?


a rainy day
a stormy night
nothing I do seems right

Dienstag, 17. Juli 2012

Polygamie

"Das ganze Leben ist der Versuch, es zu behalten." (Ingeborg Bachmann)

Ich lebe seit etwa viereinhalb, fünf Jahren in einer Beziehung. Es ist wohl die längste Beziehung bisher. Und wahrscheinlich auch von allen die schönste. Ich denke nicht, dass ich je wieder so eine Lebenspartnerin finde.

Meine Partnerin habe ich nun allzulange Zeit "nur" "beste Freundin" genannt. Letztlich waren wir immer mehr als nur das füreinander. Um das ein bisschen zu konkretisieren, es geht hier zwar auch viel um Emotionalität, aber eben ganz viel um Struktur. Wir führten einfach immer eine Beziehung. Telefonieren vorm Schlafengehen,  einfach ALLES miteinander teilen, und ganz viel von dem haben, was man sonst nur in Partnerschaften erhält. 

Das Ganze hat immer leicht eingebußt, sobald eine von uns in einer "echten" Beziehung war. Dann wurde die andere (und das war meistens ich, weil ich länger single war & bin) zwar nicht links liegen gelassen, aber erstmal partnertechnisch vernachlässigt. Vernachlässigt, das heißt - freundschaftlich nie, aber - manche Strukturen, wie das Gute-Nacht-sagen u.ä. wurden weit weniger oder hörten gänzlich auf.

Sie lebt also derzeit polygam. Wenn ich ehrlich bin, mochte ich "uns" immer fast noch ein bisschen mehr, wenn wir "monogam" waren. (Ich glaube, ich bin manchmal besitzergreifender, als ich es zugeben möchte.) Ich hatte sie ganz, ich musste sie nicht teilen.

Und nun geht sie vielleicht weg.  Sie darf auch. Ich will sie nicht hier halten, nicht festhalten, nicht anketten. Weggehen, das heißt wegziehen, ihrer Beziehung willen (und, der beste und wichtigste Grund, ihrer selbst willen). Weggehen, das heißt weg von mir. So ist es ein bisschen.


Wenn es so ist, wie es mit uns  in Ljubljana war, wird es vielleicht nicht klappen, uns aufrecht zu erhalten. Jemanden in eine andere Welt zu "entlassen", in der man kein Teil davon ist, selbst wenn man dorthin eingeladen wird: man ist nur Gast. Nicht Bewohner.

Auch wenn ich vor all dem Angst habe, trete ich der Zukunft gerne entgegen: Ich bin bereit, es auszuprobieren und Antworten auf meine Fragen zu finden.Was aber von den heutigen Gesprächen übrig bleibt, ist dieses Wort: Polygamie.
Und es stimmt, es ist möglich. Wir lieben. Und manchmal mehr als nur einen Menschen. Und ich verstehe jede/n, die/der bei der Qual der Wahl, sich auf eine/n festzulegen, verzweifelt, wegrennt, scheitert.



Doch manchmal, manchmal geht es eben mehr um die Entscheidung selbst als um den Effekt.



"Liebe = ein Kunstwerk." (Ingeborg Bachmann)


Dienstag, 10. Juli 2012

fühlen. einfach fühlen.

"Wenn du immer wieder das tust, was du immer schon getan hast, dann wirst du immer wieder das bekommen, was du immer schon bekommen hast. Wenn du etwas anderes haben willst, mußt du etwas anderes tun! Und wenn das, was du tust, dich nicht weiterbringt, dann tu etwas völlig anderes - statt mehr vom gleichen Falschen!"
(Paul Watzlawick)


Alles haben. Das will ich! Überall gleichzeitig sein,alles haben können, nichts einbüßen, niemanden dabei verletzen, niemandem etwas wegnehmen. Mir das Unmögliche ermöglichen, jede Möglichkeit greifen und jeder Unmöglichkeit ihr UN wegnehmen. Ich denke nicht, dass ich gedanklich je so frei war. Nicht einmal mit naiven fünfzehn. Ich hätte nie gedacht, welchen Freiheits-, welchen Luftdrang dieses Semester in mir auslösen würde. Doch plötzlich scheint sich mir die Welt geöffnet zu haben, mehr, und anders zuvor. Nicht wie eine Tür, die jetzt ihren Spalt erweitert hat, nein; mehr als wäre ein Schleier vor meinen Augen weggezogen worden und mir ist klar: Wovor hatte ich eigentlich all die Zeit Angst?

Angst zu leben? Angst vor Rückschlägen? Angst vor Gefühlen? Ich nehme unglaublich viel mit aus Ljubljana,
vor allem aber Angstfreiheit. Das einzige Thema, das noch riesig mit Angst besetzt ist, ist die Diplomarbeit. Aber die wird "gerade" (hauptsache ich blogge auf der Bibliothek...) bekämpft. 
Zu sagen, was man denkt, ist ein Gewinn. Für einen selber und für andere. Besonders, wenn es die anderen nicht hören wollen. Dann schreit es so richtig aus mir heraus. Und so muss es sein. Es muss sich so anfühlen, es muss einfach.

 

Das Ankommen lässt sich schwer in Worte fassen. Ich fühle mich hier nicht mehr so zuhause. Für die anderen hat sich nicht so viel verändert für mich - natürlich, sie haben sich weiterentwickelt, sie befinden sich in neuen Phasen ihres Lebens, etc - aber letztlich fühle ich mich ein bisschen so betrachtet wie die, die ich vor einem halben Jahr war. So fühle ich mich aber nicht mehr.  Mir fehlt hier vieles. Ganz viel auch LUFT. 
Ich gehe die nächsten Tage erst mal in die Berge wandern, einsam in der Hütte schlafen, in der Hoffnung, es hilft...  denn, wenn man zwischen zwei Orten feststeckt, ist bestimmt ein dritter Ort die Antwort. Ich glaube, ich habe dort noch am ehesten die Chance, mir sicher mit mir selber zu sein.

Mir fiel ein Satz ein, den mein Krav Maga Trainer einmal gesagt hatte: „Du hast jetzt nichts anderes zu tun, als den Schmerz zu fühlen.“  
Und so fühlt es sich an - als wäre das jetzt eben meine Aufgabe.