Dienstag, 17. Juli 2012

Polygamie

"Das ganze Leben ist der Versuch, es zu behalten." (Ingeborg Bachmann)

Ich lebe seit etwa viereinhalb, fünf Jahren in einer Beziehung. Es ist wohl die längste Beziehung bisher. Und wahrscheinlich auch von allen die schönste. Ich denke nicht, dass ich je wieder so eine Lebenspartnerin finde.

Meine Partnerin habe ich nun allzulange Zeit "nur" "beste Freundin" genannt. Letztlich waren wir immer mehr als nur das füreinander. Um das ein bisschen zu konkretisieren, es geht hier zwar auch viel um Emotionalität, aber eben ganz viel um Struktur. Wir führten einfach immer eine Beziehung. Telefonieren vorm Schlafengehen,  einfach ALLES miteinander teilen, und ganz viel von dem haben, was man sonst nur in Partnerschaften erhält. 

Das Ganze hat immer leicht eingebußt, sobald eine von uns in einer "echten" Beziehung war. Dann wurde die andere (und das war meistens ich, weil ich länger single war & bin) zwar nicht links liegen gelassen, aber erstmal partnertechnisch vernachlässigt. Vernachlässigt, das heißt - freundschaftlich nie, aber - manche Strukturen, wie das Gute-Nacht-sagen u.ä. wurden weit weniger oder hörten gänzlich auf.

Sie lebt also derzeit polygam. Wenn ich ehrlich bin, mochte ich "uns" immer fast noch ein bisschen mehr, wenn wir "monogam" waren. (Ich glaube, ich bin manchmal besitzergreifender, als ich es zugeben möchte.) Ich hatte sie ganz, ich musste sie nicht teilen.

Und nun geht sie vielleicht weg.  Sie darf auch. Ich will sie nicht hier halten, nicht festhalten, nicht anketten. Weggehen, das heißt wegziehen, ihrer Beziehung willen (und, der beste und wichtigste Grund, ihrer selbst willen). Weggehen, das heißt weg von mir. So ist es ein bisschen.


Wenn es so ist, wie es mit uns  in Ljubljana war, wird es vielleicht nicht klappen, uns aufrecht zu erhalten. Jemanden in eine andere Welt zu "entlassen", in der man kein Teil davon ist, selbst wenn man dorthin eingeladen wird: man ist nur Gast. Nicht Bewohner.

Auch wenn ich vor all dem Angst habe, trete ich der Zukunft gerne entgegen: Ich bin bereit, es auszuprobieren und Antworten auf meine Fragen zu finden.Was aber von den heutigen Gesprächen übrig bleibt, ist dieses Wort: Polygamie.
Und es stimmt, es ist möglich. Wir lieben. Und manchmal mehr als nur einen Menschen. Und ich verstehe jede/n, die/der bei der Qual der Wahl, sich auf eine/n festzulegen, verzweifelt, wegrennt, scheitert.



Doch manchmal, manchmal geht es eben mehr um die Entscheidung selbst als um den Effekt.



"Liebe = ein Kunstwerk." (Ingeborg Bachmann)


1 Kommentar:

Timi hat gesagt…

Ich glaube, wir sind mit ganz fixen Bildern ergzogen worden. Zumindest ich. Und dort kamen dinge wie "und sie lebten zusammen bis das der Tot sie scheidet" usw. vor. Nun, in der "unserer" REalität müssen wir eben oft erkennen, dass vieles eben nur ein Märchen war.

Kann man mehrere Menschen gleichzeitig liebe? Weiß nicht. Sicher kann man sie auf unterschiedliche Art lieben - glaub ich ganz bestimmt.

Ist man dann polygam? weiß ich nicht
Ist man normal? Glaub ich schon ;-)
Timi