Samstag, 11. August 2012

V.

Du warst noch nicht einmal auf der Welt und wurdest so geliebt. Der Platz war längst dein, dein Zimmer eingerichtet, man hat nur noch auf deine Ankunft in der Welt außerhalb des Bauches deiner Mama gewartet.


 
Doch du hattest keine Chance, die Welt so zu erblicken, wie man sie dir ermöglicht hätte. Du wärst geliebt aufgewachsen, behütet, mit einem Heim mit großartigen, verständnisvollen Eltern und lieben Geschwistern. Du hattest und hast diesen Platz, doch man hat dich verloren, bevor all das passieren konnte.


Aber du warst da. Spürbar. Diese acht, fast neun Monate Erinnerung bleiben.
Es ist unsagbar. Unsagbar schade und traurig, dass du all das nicht erleben konntest, was du verdient hättest.
Und unsagbar schwer für deine Eltern; deine Mutter, deren Stütze ich gern sein würde, aber nicht im Geringsten weiß, wie. Es braucht so viel Kraft für diesen Weg -  ich bange darum, dass sie sie hat.


Ich hätte dich gerne kennengelernt, V. Und ich hätte dich bestimmt sehr, sehr lieb gehabt.




Meine Naivität trifft nur selten auf die Art Realität, in der mein kausales Weltbild nicht mehr haltbar ist. Nihil fit sine causa kann baden gehen, untergehen, um genau zu sein. Das funktioniert bei Wehwehchen, nicht hier. Und hier will auch an keinen Grund glauben. Hierfür gibt es keinen beschissenen Grund. Tage zuvor stirbt ein Studienkollege an einem Herzinfarkt. Und meine Beste zieht nächste Woche weg. Das ist zuviel Weltschmerz. Und zuviel Grund, um noch auf Determinismus und ein physikalisches Prinzip wie abgeschlossene Kausalität zu plädieren.

Keine Kommentare: